Markus Jeschaunig konzentriert sich in vielen seinen bildhauerischen, installativen und performativen Arbeiten auf ökologische Fragen, zuletzt u.a. mit dem Klimapavillon im Grazer Kulturjahr 2020/21, den er alsTeil des Breathe Earth Collective umsetzte. Die verschiedenen Sphären der Erde exemplarisch durch Kunstprojekte miteinander in Verbindung zu bringen und durch die anschauliche Erfahrung von Zusammenhängen für ein ökologisches Bewusstsein zu sensibilisieren, ist seine große Ambition. Für die Steiermark Schau setzte er in seiner Werklinie künstlerisch-wissenschaftlicher Experimente mit Wetter einen wesentlichen neuen Schritt.
Die Atmosphäre als planetares Hyperobjekt erfahrbar zu machen, in dem sie in der Höhe räumlich durchmessen und manipuliert wird, war das erste ambitionierte initiale Vorhaben für die Steiermark Schau, das dann in einer Auseinandersetzung mit Blitzen mündete.
In der Weltraumforschung werden Blitze als Elemente in einer Atmosphäre untersucht, um einerseits die Zusammensetzung der Atmosphäre auf Planeten genauer erforschen zu können und andererseits ist auch ihre mögliche Rolle für die Bildung der Bausteine des Lebens von Interesse. Blitze haben also sowohl zerstörerische als auch lebensstiftende Wirkung. Sie stehen sinnbildlich für das Erhabene des Atmosphärischen, oder für den schmalen Grat zwischen Schöpfung und Zerstörung.
Markus Jeschaunig’s Video liegt eine künstlerische Versuchsanordnung zur Erzeugung von materiellen Spuren von Blitzeinschlägen zugrunde, die er im Grazer Nikola Tesla-Labor durchführte und sich aus der Blitzforschung an der TU Graz speist. Im Bestreben, eine gestaltende Spur des Blitzes zu erzeugen, indem er in unterschiedliche Materialien hineingeleitet wurde, führte zu unterschiedlichen Ergebnissen. Beim Versuch Stahlstaub zum Schmelzen zu bringen, entstand eine Stichflamme, die mit den faszinierenden Strömungsmustern bis hin zur Anmutung wesenhafter Formen ein ausdruckskräftiges und zugleich sehr poetisches Bild von der gestaltenden Kraft der Blitze lieferte. Die Aufnahmen der hochauflösenden Filmkamera mit 2000 Bildern pro Sekunde machte es möglich, die Blitzeinschläge in 1320-facher Zeitlupe zu zeigen. Eine Sekunde Echtzeit ist eine Minute Film. In der Szene darauf sind Fulgurite oder Blitzröhren aus der Natur zu sehen, wie sie als Ergebnis des künstlerischen Experiments zuvor erhofft wurden. Wie im Lauf der Geschichte immer wieder, ist die Offenheit für Zufälle ein Weg, um das Unvorstellbare zu entdecken. (Text: Astrid Kury, Kuratorin)
Credits:
Framework: Steiermark Schau https://www.steiermarkschau.at/
Kuratorin: Astrid Kury
Electric Atmospheres
Markus Jeschaunig
2023
3:00
Kamera: Vincent Seidl / Henx
Sound Design: Michael Eisl
Footage und Blitzaufnahmen: Jason Weingart, The Slow Mo Guys (via YouTube.com), Lukas Schwalt und Stephan Pack (Technische Universität Graz, Blitzforschung 2025), Jonathan King (via Archive.org)
Danke: Werner Lick unde Uwe Schichler (Nikola Tesla Labor-Versuchsanstalt für Hochspannungstechnik Graz GmbH, Technische Universität Graz), Ingmar Fritz und Niki Kopp (Universalmuseum Joanneum, Abt. Naturkunde), Herbert Lutz (Leihgeber Fulgurit), Astrid Kury, Patrick Barth